Der am 08.12.2016 verabschiedete Doppelhaushalt 2017/2018 und die mittelfristige Finanzplanung des neuen OB, gestützt von der Fraktion aus CDU, FDP und Grünen, ist von weiter steigenden Ausgaben und weiter steigenden Schulden geprägt. Wir haben die Pläne vor allem aus folgenden Gründen abgelehnt:
1.) Trotz niedriger Zinsen haben wir höhere Kassenkredite. Man muss sich stets verdeutlichen, dass Kassenkredite Überziehungen des Girokontos sind! Mittelfristig, für 2020, geht das Konzept bereits von 900 Mio. € aus. Wir haben stattdessen das Überschreiten der Grenze von 1.000.000.000 € prognostiziert.
An dieser Stelle wird die ungeheure Abhängigkeit der Städte von den Sparkassen deutlich. So ist es kein Wunder, wenn die Stadt in Sachen WCCB-Vergleich ein Gerichtsurteil zum Nachteil von Beihilfen der Städte für ihre Sparkassen fürchtet und lieber die Belastung des Steuerzahlers mit 70.000.000 € in Kauf nimmt, als, sofern erforderlich, ihre Ansprüche durch die Instanzen hindurch geltend zu machen.
Ein Ansteigen des allgemeinen Zinsniveaus, wie es in den USA bereits zu beobachten ist, wäre eine Art GAU für die Kommunen und auch für Bonn. Für eine überschaubare Zeit könnten wir von den niedrigen Zinsen noch profitieren. Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass positive Zinseffekte per Ratsentscheid zur Sanierung von Altlasten dienen sollen.
2.) Die Defizite 2017 bis 2024 werden weiter anwachsen. Die Einhaltung der Eckdaten bis 2024 wird unseres Erachtens wohl kaum gelingen.
Dies wird schon alleine dadurch deutlich, dass im Vergleich zur vorherigen Finanzplanung die Defizite in den Jahren 2017 bis 2024 nun um ca. 129 Millionen € anwachsen.
Auch die investive Verschuldung, die über die Jahre zwischen 800 und 970 Millionen pendelt, soll auf über 1200 Millionen steigen. Das zeigt nachdrücklich, dass kein Abbau der Verschuldung erfolgt und wohl auch nicht geplant ist.
Ein mangelnder Wille zu sparen wird vielerorts deutlich. Wer sparen will, muss auch kämpfen! Sei es aktuell am WCCB-Vergleich, sei es bei der Festlegung auf einen Kulturetat von ca. 125 Mio. € auf fünf Jahre weit vor Beendigung der Haushaltsberatungen. Sei es an der Schaffung völlig neuer Stellen wie z.B. der einer PR-Stelle zur Hebung des Umweltbewusstseins der Bonner: Was soll denn dieser Unsinn? Soweit überhaupt erforderlich müssten andere Stellen das mit erledigen.
Es gibt eine Vielzahl unnützer und zum Teil völlig überzogener Ausgabepositionen. Ein von Entschlossenheit geprägtes „Screening“ sollte allgemeine Aufgabe von Rat und Verwaltung sein.
3.) Verschiedene Risiken werden vollkommen unzureichend berücksichtigt.
Das Thema „Pensionszahlungen“ wird die Stadt in naher Zukunft voll treffen. Die Pensionen müssen weitgehend aus den Einnahmen bestritten werden, da viel zu wenig zurückgelegt wurde.
Die Kosten für Flüchtlinge und illegale Migration werden höher als veranschlagt werden. Im Juni 2016 ging die Kämmerei von ca. 13.700 € pro Jahr pro Flüchtling aus. Jedoch geht Prof. Raffelhüschen von der Uni Freiburg in einem beeindruckenden Gutachten bundesweit mittelfristig von ca. 880 Milliarden € aus. Wenn die Eingliederung dieser Personen in den Arbeitsmarkt innerhalb von sechs Jahren nicht gelingen sollte, was selbst in Gewerkschaftskreisen als unrealistisch angesehen wird, befürchtet Raffelhüschen Kosten in Höhe von 1,5 Billionen €. Dabei ist er nur von 1,1 Millionen Migranten ausgegangen. Es sind aber eher deutlich mehr; wirklich exakte Zahlen gibt es ja nicht. Diese Mehrkosten werden auch bei den Kommunen ankommen.
Bei den öffentlichen Gebäuden gibt es einen erheblichen Sanierungsstau. Anschauliche Beispiele sind etwa das Kurfürstenbad in Bad Godesberg, das man schließen will. Oder unser Stadthaus: Vor kurzem stand das Stadtarchiv mit seinen wertvollen Beständen unter Wasser, weil die Decke undicht ist. An sich gewährt § 36 Abs. 3 GemHVO die Möglichkeit, Rückstellungen für beabsichtige, unterlassene Instandhaltungen zu bilden. Leider wird davon kein Gebrauch gemacht.
Wenn die öffentliche Hand notwendige Restrukturierungen und Reformen beizeiten unterlässt, wird sie wohl irgendwann zu insolvenzähnlichen Sanierungen gezwungen sein.
WB
Die vollständige Haushaltsrede können Sie hier lesen: